Gebäude im Eichenhof

Árpád Baron von Nahodyl Neményi

Die zwei Schlösser von Lüdersdorf

Teil 2: Schloß Eichenhof

 

Ansichtskarte Eichenhof  von 1930

Außer dem Jagdschlößchen Buschkamp in Lüdersdorf gab es dort das „Schloß Eichenhof“. Es lag östlich des Orts Lüdersdorf an der Verbindungsstraße Trebbin – Sperenberg. Schon im Jahre 1850 hatte man aus den Bauernhöfen Zäper Nr. 18 und Ribbecke Nr. 9 ein Bauerngut „Wilhelminenau“ gegründet, welches dann dem Landsberger Tierarzt Dr. Karl Robert Spinola, der mit Klara Erfurt (aus Landsberg) verheiratet war, gehörte. Der Hof bestand aus zwei Wohngebäuden und vier Wirtschaftsgebäuden. 

 

Der Hof Wilhelminenau wechselte mehrfach die Besitzer, vermutlich weil die Verkehrsanbindung nach Berlin für die dort wirkenden Erwerber doch zu ungünstig war: Man mußte erst mit der Droschke den langen, unbefestigten Weg nach Trebbin zur Bahn nehmen, bevor man weiterreisen konnte. Dem Tierarzt folgten 1870 als Besitzer Georg Retzgen (6.4.1844 –18.4.1875), der  am 11.5.1873 Henriette Schulze geheiratet hatte (beide aus Niemegk), sowie 1875 Bernhard Kluth (aus Landsberg), der am 20.6.1877 Friederike Zemlin (geb. 1855, aus der Stülper Dampfsägemühle) geheiratet hatte.

 

Der Chronist Albert Wuthe hat diese und die folgenden Angaben bereits 1958/59 herausgefunden.

 

Abb. 10: Schloß Eichenhof, vormals Wilhelminenau, um 1925 (Ansichtskarte).

Nach diesen Vorbesitzern erwarb der berühmte Geheimrat James Hobrecht (31.12.1825 –  8.9.1902) aus Berlin 1890 das Gebäude, welches immer noch „Wilhelminenau“ hieß. Geheimrat Hobrecht heiratete am 4.2.1853 Henriette Wolff; ob er den Kauf des Hofs als Altersruhesitz für seine Familie gedacht hatte, ist unbekannt. Hobrecht machte sich einen Namen, weil er in Berlin den „Hobrecht-Plan“ eingeführt hatte, nämlich u. a. eine noch heute bestehende leistungsfähige Südtangente errichten zu lassen. Es ist der Straßenzug Kleist-, Bülow-, Gneisenaustraße und Hasenheide. Nur in der Mitte, zwischen Bülow- und Hornstraße wurde sein Plan nicht vollständig ausgeführt. Er hatte da eine durchgehende Straße mit einem schönen Platz in der Mitte geplant. Bis heute muß der Verkehr den Umweg durch die Yorckstraße nehmen. Hobrecht war außerdem für die Einführung der Kanalisation in Berlin zuständig, was er um 1869 machen ließ. Dadurch wurde Berlin zu einer der saubersten Städte der Welt. Es wundert nicht, daß ihn dabei der berühmte Forscher und Privatgelehrte Dr. Rudolf Virchow unterstützt hatte. Andere Städte wurden auf Hobrecht aufmerksam und so erstellte er auch Kanalisationsentwürfe für Moskau, Tokio und Potsdam, sowie weiteren 30 kleineren Gemeinden. Vielleicht hat er bei seinen Fahrten in diese Gemeinden auch den Wilhelminenhof gesehen und beschlossen, ihn zu kaufen.

 

Der nächste Besitzer ab 1900 (oder 1902) war Georg Schönebeck (geb.1.7.1879), der mit Marie Korn verheiratet war. Grund des Verkaufs war vermutlich das Alter von Geheimrat Hobrecht, der 1902 starb. Aber nach dem Erwerb verpachtete Georg Schönebeck den Hof an Georg Niehaus, der mit Antonie Luise Blumenthal vermählt war; das war von 1902 bis 1905. Was Schönebeck oder Niehaus mit dem Hof Wilhelminenau wollten, ist unklar. 

 

Für das Schloß ist aber der nächste Erwerber von besonderer Bedeutung gewesen. Es wurde nämlich an den Millionär und Börsenmakler Hermann Goverts, verkauft. Dieser stammte aus der damaligen „High Society“, er war mit einer Engländerin vermählt und er investierte viel Geld in den Hof. Zwischen 1905 und 1921 ließ er das Gutshaus aufs Modernste neu ausbauen, ließ ein Stall- und Speichergebäude mit Anbau für die Wohnungen der Verwalter- und Kuterscherfamilie errichten. Das Gutshaus bekam Parkettfußböden, Centralheizung, 2 Etagen, einen Sockel mit hellgrünen gebrannten Steinen. Es war ein längliches, zweigeschossiges Gebäuche, welches in der Mitte einen abgeschrägten Erker aufwies und an der Vorderseite (der östlichen) in einer Art Querflügel endete. Ob auch die westliche Seite in so einem Querflügel endete, kann man aus den Abbildungen nicht ersehen. 100 Hektar Ackerland gehörten zum Gut. Goverts war es auch, der nach dem Erwerb, 1905, den neuen Namen „Eichenhof“ erfand, wohl auch, weil der Grundbesitz vom alten Wilhelminenau abgeteilt wurde. Das Gebäude hieß nun das „Schloß Eichenhof“. 

 

Die Kastanienallee von Schloss Eichenhof 1913

Goverts gehörte auch der Deutschen Landwirtschafts Gesellschaft und der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft an, war also auch an Bäumen und Gehölzen interessiert. Er ließ sogar eigens eine Reihe älterer Bäume verpflanzen, um so eine schöne Kastanien-Allee in seinem Schloßpark zu schaffen. Darüber berichtete die „Illustrirte Wochenschrift für den gesamten Gartenbau“ Jg. XVII, Nr. 40 (4. 10. 1913). Auf der Abbildung sieht man diese Kastanienallee, wobei die rechte Baumseite 1909 hierher verpflanzt wurde.

Schloss Eichenhof - GeflügelzuchtUrsprünglich stand nur die linke Reihe und bildete die Grundstücksgrenze, nach der Grunderweiterung ließ Hermann Goverts jeden zweiten Baum der linken Reihe auf die rechte Seite umpflanzen. Im Hintergrunde ist das Schloß zu erahnen, seitlich sieht man die Nebengebäude. Die Bäume wuchsen gut an, so daß Herr Goverts 1911 noch eine 2,5 km entfernte Linde holen ließ. Sie fiel zwar dabei um und verlor einige Äste, wuchs aber dennoch an. In den Nebengebäuden gab es eine Geflügelzucht mit etwa 20 Angestellten.

 

Im Jahre 1892 wurde der Sohn Henry Goverts geboren, der ein bekannter Hamburger Verleger wurde.

16 Jahre blieb Schloß Eichenhof im Besitze des Hermann Goverts, dann, 1921, verkaufte er es an seine Excellenz, den Konsul Schilling. Er war ein Deutsch-Amerikaner, stammte also wohl aus dem Umfeld des Hermann Goverts. Ob dieser Konsul Schilling mit dem Eduard Schilling (1899 – 1971), welcher Honorarkonsul und Teilhaber der Bremischen Firma Kaffee Schilling Co. war, identisch ist, ist unklar. Immerhin war dessen Vater länger in den USA, doch in den Berichten über die Firma Schilling taucht Schloß Eichenhof nirgends auf. 

 

Jedenfalls hatte Konsul Schilling einen Verwalter für das Schloß eingesetzt, Major a. D. Heinrich Eyssenhardt aus Rawensbrück, Mecklenburg (2.8.1866 – 15.8.1945), der mit Margret Gill (31.1.1869 – 29.9.1953) verheiratet war. Sie stammte offenbar auch aus einer amerikanischen oder britischen Familie. Unter diesem Verwaltungsehepaar wurde im Schloß Eichenhof das Mädchenpensionat eingerichtet. Dort wurden für wohlsituierte Töchter aus gutem Hause sechswöchige oder vierteljährliche Schulungen in Hauswirtschaft und gesellschaftlichem Umgang angeboten.

 

Grundreste vom Schloss EichenhofSpätestens mit der Enteignung von Konsul Schilling und dem völlig unsinnigen Abriß des Schlosses 1945 war alles vorbei. Es gab keinen nachvollziehbaren Grund für den Abriß, angeblich wollte man Baumaterial für das Neubauernprogramm der Bodenreform gewinnen, man hätte das Gebäude gut anderweitig nutzen können. Es gehörte nie einem Adeligen und war also nach DDR-Diktion nie „in Junkerhand“. Vermutlich spielte hier eine Art Neid auf die „bessere Gesellschaft“ hinein, die sich in derartigen Luxusimmobilien aufhielt und angeblich auf Kosten des kleinen Mannes lebte. In Wahrheit war es natürlich nie so. Der Heimatforscher Paul Bergemann bemerkt dazu: »Von den Eichenhofer und Lüdersdorfer Bürgern, allen voran der Ortschronist Albert Wuthe und der provisorisch eingesetzte Verwalter Kawelles, wurde der Abriß als Unverstand betrachtet und mit stiller Empörung zur Kenntnis genommen.« Das Land des Gutshofes wurde an die Umsiedler Erwin Radke, Leo Altwasser, Gustav Wassel, Anton Fischer und Paul Götze verteilt.

Heute kann man von dem Eichenhof nur noch die Grundfläche des Haupthauses sehen (Abb. 12).

 

Thekla Margarete Roskwitalski 1928

Was ich hier schreibe, weiß ich von meiner Mutter und von meiner Großmutter, denn letztere hatte 1928 im Schloß Eichenhof Hauswirtschaft gelernt. Meine Großmutter war Thekla Margarete Roskwitalski (Thorn 12.7.1903 – Berlin 30.12.1980), geboren in Thorn, Westpreußen, aufgewachsen in Thorn und Danzig, nachdem Westpreußen an Polen gekommen war (Abb. 13). Sie hatte im Fernmeldeamt in Thorn gearbeitet, das nach der Annexion Westpreußens durch die Polen nun einen polnischen Chef bekam. Als sie sich einmal ärgerte und zu diesem neuen Chef „Pollake“ gesagt hatte, wurde sie entlassen. Ihre Mutter, Leokadia Roskwitalski geb. Redzinski (Thorn 29.11.1869 – Petersdorf 29.5.1945) war eine strenge Frau und stammte aus einer polnischen Adelsfamilie. Sie hatte in Berlin-Wilmersdorf in der Schaperstraße eine große Wohnung gekauft, von der sie wegen des schönen Stucks und der reichlichen Ausstattung sehr begeistert war. Dann erfuhr sie, daß diese Wohnung zuvor ein Edelbordell gewesen ist und sofort verkaufte sie die Wohnung wieder.

 

Leokadia und Johann Roskwitalski (Bobau 24.2.1861 – Thorn 11.6.1917) hatten drei Töchter, Irma, Thekla und Beate. Beate war die schönste, war aber sehr fromm und nach dem Kriege zeitweilig als Postulatin im Kloster Alexanderdorf. Sie wurde Krankenschwester und blieb unverheiratet. Irma, die älteste, heiratete einen Herren aus polnischem Adel, Johannes Borowski (Danzig 12.10.1894 – Berlin 23.11.1962); sie hatten zwei Söhne und lebten nach dem Kriege in Berlin (West).

 

Thekla-Margarete, meine Großmutter, wurde immer nur Thea genannt. Sie kam in das Mädchenpensionat Schloß Eichenhof. Dort lernte sie einige interessante Mädchen aus guten Familien kennen, mit denen sie dann auch befreundet war. Sehr viele Pensionatsschülerinnen scheint es da nicht gegeben zu haben. Auf den Photos sind einige der Freundinnen, die sie in Schloß Eichenhof kennengelernt hatte, so Freifrau Stella von Lingerke, Malli Diening, Erika Pritschow, Liane Seydel, Lotte Medow, Anneliese Vinthrath, Else Elatar, die Schauspielerin Adi Fischer-Schubert, Martha Boettcher geb. Freiin v. Buddenbrock. Von einer „Linde“ und „Lita“ sind mir die Nachnamen nicht bekannt.

 

Um Thea nun auch gut zu verheiraten, gaben ihre Schwestern eine Heiratsanzeige auf. Da meldeten sich einige Herren, die von der Mutter Leokadia streng inspiziert wurden. Einen fragte sie: „Was sind Sie, was machen Sie beruflich“? Und er antwortete sinngemäß: „Mein Vater hat eine Firma XY, die werde ich erben ...“ da hatte sie ihn schon unterbrochen: „ ,Mein Vater’ interessiert nicht, was machen Sie?“ Und damit war der junge Mann abgelehnt. Dann hatte auch Friedrich Ernst Buschkamp geantwortet. Der schrieb schon auf seinem Briefkopf „Berkwerksbesitzer“ und das imponierte der Mutter. Und Thea hatte den Namen auch schon in Lüdersdorf gehört und verband ihn mit rauschenden Festen im Jagdschloß Lüdersdorf. So wurde man sich dann auch einig und es wurde 1932 geheiratet. 

 

Thea und Fritz lebten nun zusammen im Jagdschloß Buschkamp. 1933 wurde meine Mutter geboren, 1935 meine Tante Hella und mein Onkel Manfred. Sie lebten anfangs in Lüdersdorf, hatten Personal, einen Hund „Ajax“ und viele Tiere, z. B. Hühner. 1940 verkaufte mein Großvater das Jagdschlößchen, welches noch heute steht, und zog mit der Familie nach Petersdorf um, wo sich sein Grubenbetrieb befand. 

 

Streifen schmal

 

Dr. Gerhard Birk

Verschwunden und beinahe vergessen

Ein aus der Geschichte gefallenes Schloss ist wiederaufgetaucht

 

Es geschehen noch Zeichen und Wunder: Ein spurlos verschwundenes und vergessenes Schloss taucht, allerdings nur in Form eines vergilbten Fotos, wieder auf. Was war geschehen? Im vergangenen Jahr ging im Amt Trebbin eine telefonische Anfrage ein, die man nicht ohne Grund an den Einwohner von Lüdersdorf, Paul Bergemann, weiterleitete, denn er kann sich noch gut an das Schloss und sein Verschwinden erinnern. Der Anrufer teilte Herrn Bergemann mit, dass seine Großmutter im Schloss Eichenhof bei Trebbin im Jahre 1928 Hauswirtschaft erlernt habe. Nun wollte er wissen, wie das Schloss, falls es noch existiere, genutzt werde. Einige Zeit später schickte er dann eine Reproduktion eines (leider undatierten) Fotos vom Schloss Eichenhof an Herrn Bergemann. Nun waren nicht nur dieser, sondern vor allem auch die älteren Einwohner von Lüdersdorf hoch erfreut. Da war das verschwundene und vergessene Schloss plötzlich wieder da. Manchem Einwohner wurde dadurch erstmalig bewusst, dass sich auf ihrer Dorfflur einmal ein Schloss mit zum Teil durchaus bemerkenswerten Bewohnern und einem sogar weltbekannten Besitzer befunden hatte.

 Über das als Schloss bezeichnete Gebäude, man kann es auch als Guts- oder Herrenhaus bezeichnen, ist nicht sehr viel bekannt. Das Schloss hatte nach dem Zweiten Weltkrieg das Schicksal vieler weiterer Schlösser und Herrenhäuser in der SBZ (Sowjetische Besatzungszone) ereilt. Der letzte der insgesamt acht Besitzer des Prachtbaus, zu dem etwas mehr als 100 Hektar Ackerland und ein kombiniertes Stall- und Speichergebäude mit Anbau für die Wohnungen der Verwalter- und der Kutscherfamilie gehörten, war der Deutsch- Amerikaner Konsul Schilling (1921-1945), der 1945 enteignet wurde. Sein Gutsverwalter war Major a. D. HeinricEyssenhard. Auch er verstarb 1945. Über die Todesursachen ist bislang nichts bekannt. Das Schloss ist auf Befehl der sowjetischen Besatzungsmacht mit der Begründung, Baumaterial für das Neubauernprogramm der Bodenreform zu gewinnen, abgerissen worden. Ein weiterer Zweck dieser Maßnahme war symbolischer Natur: Alle Spuren des „deutschen Junkertums“sollten auf Befehl der sowjetischen Besatzungsmacht aus dem Gedächtnis ausgelöscht werden. Dass diese in der Geschichte immer wieder praktizierte Form der Geschichtsbewältigung nicht geeignet ist, historische Probleme zu lösen, hat die Welt inzwischen schmerzhaft erfahren müssen.  Herr Bergemann bemerkt dazu: „Von den Eichenhofer und Lüdersdorfer Bürgern, allen voran der Ortschronist Albert Wuthe und der provisorisch eingesetzte Verwalter Kawelles, wurde der Abriss als Unverstand betrachtet und mit stiller Empörung zur Kenntnis genommen.“ Dies  umso mehr, da sich der Gebäudekomplex in bestem baulichem Zustand befand, die Räume mit wertvollem Parkett ausgelegt und mit einer modernen Zentralheizung ausgestattet waren.  Eine sinnvollere Nutzung hätte sich mit Sicherheit finden lassen.  Zu den bekanntesten Besitzern des Schlosses hatten auch der Börsenmakler und Millionär Hermann Goverts und (zwischen 1890 und 1900) der berühmte preußische Stadtplaner, Regierungsbaumeister und Berliner Stadtbaurat Dr. James Hobrecht (lebte von 1825 bis 1902) gehört. Das war eben jener Dr. Hobrecht, der die von ihm geplante Stadtentwässerung von Berlin seit 1869 organisiert hatte. Die Abwässer wurden nach einem ausgeklügelten Röhren-und Kanalsystem aus der Stadt hinausgeleitet und rundum um Berlin auf landwirtschaftlich genutzten Rieselfeldern verrieselt. Mit dieser weltweit mit großem Interesse beobachteten Maßnahme hatte Berlin nicht nur die modernste Entwässerung überhaupt bekommen, sondern war zur saubersten Stadt der Welt geworden. Mit der Umsetzung seines genialen Plans hat   James Hobrecht, und zwar Seite an Seite mit dem ebenso berühmten Arzt Rudolf Virchow, einen unschätzbar großen Beitrag zur Gesunderhaltung der Berliner Bevölkerung geleistet.  Bis dahin hatte die Entsorgung der Abwässer aus Haushalten, Handwerk und Industrie weitgehend über die Rinnstein Entwässerung, die sich schließlich in die Spree ergoss, stattgefunden. Seit dem Wirken Hobrechts und Virchows gingen die ansteckenden Krankheiten, die stets aufs Neue mit schrecklichen Folgen um sich gegriffen hatten, beinahe schlagartig zurück.

James Hobrecht hatte sich auch als Schöpfer von Kanalisationsentwürfen für Potsdam, Moskau, Tokio und für etwa 30 weitere kleinere und große Gemeinden verdient gemacht. Die riesigen Entwässerungsanlagen und die ausgedehnten Rieselfelder machten sich später durch die Errichtung von Klärwerken weitgehend überflüssig.

Über den Grund des Erwerbs des Schlosses Eichenhof durch James Hobrecht kann man nur spekulieren. Vielleicht hat er darin eine sinnvolle Geldanlage gesehen. Möglicherweise hat er auch einen ruhigen Wohnsitz für seine Familie und einen naturnahen Rückzugsort nach anstrengender Arbeit gesucht. Außerdem gehörte es in jenen Zeiten für reiche Familien zum guten Ton, ein Schloss im Umfeld der Metropole zu besitzen. Ob sich der hoch beanspruchte und weit gereiste Mann selbst oft im Eichenhof aufgehalten hat, das ist nicht bekannt.  Solche Fragen, warum die Schlossherren binnen verhältnismäßig kurzer Zeit insgesamt acht Mal gewechselt haben, können nach wie vor nicht schlüssig beantwortet werden. In der einstmals wohl dem Volksglauben entsprungenen Auffassung, dass ein Fluch auf dem Schloss gelegen habe, wird die eigentliche Ursache wohl kaum zu suchen sein. Das Alltagsleben der wohlhabenden Familien, die ein Landhaus oder ein Schloss um Berlin herum besaßen, spielte sich zumeist mehr in der Metropole als auf ihren Landsitzen ab. So liegt es nahe, dass den Besitzern des Schlosses Eichenhof das ständige Hin- und Herpendeln zu umständlich wurde, denn um vom Eichenhof nach Berlin zu gelangen, musste man sich erst auf damals noch unbefestigten Wegen nach Trebbin kutschieren lassen. Von dort aus gelangte man mit der 1839 bis 1841 errichteten Berlin-Anhaltischen Eisenbahn nach Berlin.  Wenn wir uns heute des Schlosses im Lüdersdorfer Eichenhof bei Trebbin erinnern, dann  spannt sich der gedankliche Bogen von der Orts- über die Regional- und die  Nationalgeschichte bis hin zur Weltgeschichte, denn immerhin hat der berühmte (zeitweilige)  Einwohner dieser kleinen Gemeinde, James Hobrecht, seine Spuren von seinem Geburtsort  Klaipeda (heute Litauen), über Königsberg, Berlin bis hin nach Moskau und Tokio, aber auch  in solchen Städten wie Kairo - und selbst in Nordamerika hinterlassen.  Dank der Aktivitäten des heimatverbundenen Paul Bergemann und des ehemaligen, nicht minder heimatgeschichtlich interessierten Bürgermeisters von Lüdersdorf, Horst Schulze, der die Veröffentlichung dieses Beitrages initiierte, konnten, so hofft der Autor, die Einblicke in die Ortsgeschichte von Lüdersdorf und dem Eichenhof um einige Aspekte weiter vertieft werden.

 

Dieser Beitrag steht auch Heimatjahrbuch Teltow-Fläming 2017, S. 5.


 

Grabstein der Pächter

 

Der Pächter des Alexanderhofes (später Eichenhof) MAJOR EYSSENHARD

 

Frau Margarete Eyssenhard, geb. Gill

* 31.01.1869

+ 29.09.1953 im Kloster

 

Major a.D. Heinrich Eyssenhard

*07.08.1866 in Ravensbrück/Mecklbg.

+15.08.1945 in Lüdersdorf

 

Herr Major Eyssenhard war Pächter des Alexanderhofes gewesen, später des Eichenhofes, der ca.2,5 km von hier entfernt liegt, in Richtung Trebbin, zwischen Alexanderdorf und Lüdersdorf. Sein Vater war von den Hohenzollern nach Berlin gerufen worden, um Wasserleitungen zu legen; Berlin hatte bis dahin fast nur Pumpen. Die beiden schon älteren Leute wurden 1945 von der Russischen Besatzungsmacht vom Eichenhof ausgewiesen. Einige Möbel und andere Dinge konnten sie mitnehmen. Major Eyssenhard starb bei guten Leuten in Lüdersdorf. Sein Grab ist bis heute (2007) in Lüdersdorf zu sehen und die Gaststätte Waldblick pflegt sein Andenken. Nach dem Tode ihres Mannes blieb Frau Margarete Eyssenhard bei uns im Kloster Alexanderdorf. Sie war eine fromme Anglikanerin und fühlte sich sehr wohl hier. Als sie verstarb vermachte sie dem Kloster das letzte, was ihr noch verblieben war: Einige Möbel, Besteck und etwas Porzellan.

 

Informationen von S. Eucharis Wörtler aus Dinklage, die zu der Zeit hier im Kloster lebte und dem Bürgermeister half. (+ 21.1.2003)

 

Auszug aus den Annalen des Klosters Alexanderdorf vom September 1953:

(Der Tod hielt zwei Mal Einzug)

Im September kam er zu Frau Eyssenhard, unserer einstigen Nachbarin vom Eichenhof. Frau Eyssenhard war eine fromme Anglikanerin. Seit dem Russeneinmarsch in große Not geraten, lebte sie nach dem Tod ihres Mannes armselig im benachbarten Lüdersdorf. Als ihre treue Magd todkrank ins Krankenhaus kam, zog sie zu uns. Zwei Jahre war sie noch bei uns, bescheiden, in aller Armut vornehm, stets unermüdlich fleißig in kleinen Handreichungen für die Küche.“

 

Quelle: Archiv/ Kloster Alexanderdorf