Die Gebäude in der Lüdersdorfer Dorfstraße
1. Das Gasthaus
1903
1904
1911
Ansichtskarte von 1914
In den 1920-er Jahren
Ansichtskarten: Privatbesitz Jörg Roschlau
1990-er Jahre
2011
2013
2020
Jörg Roschlau
Vom Gasthaus zum "Haus der Vereine"
"Das interessanteste Gebäude in Lüdersdorf steht für mich in der Lüdersdorfer Dorfstraße 40–42 (ehemals Haus Nr. 11). [...] Im Jahre 1891 erwarb Emil Schmidt vom Bauern Albert Zäper das Hofgrundstück. Auf diesem entstand 1895 ein Gasthof und Materialwarenhandel mit dem Namen „Zum Deutschen Haus“.
Die Familien Schmidt, dann Albert Hönicke und zum Schluss Viol führten das Gewerbe bis nach dem Zweiten Weltkrieg. Ab etwa den 20er Jahren gab es in dem Gebäude auch eine öffentliche Fernsprechstelle für die Einwohner.
Wo heute der Sportverein und die Feuerwehr ihr Domizil haben, befand sich der große Saal und links daneben war die Gaststube. Im Eingangsbereich in der Mitte des Hauses betrat man einen kleinen Vorraum. In diesem geschlossenen Raum konnte man Billiard spielen. In der oberen Etage hatten die Wirtsleute lange Zeit ihre privaten Wohnräume, später dann im Erdgeschoß.
Der Gasthof wurde zur DDR-Zeit, Anfang 50er Jahre, von Familie Viol an die Gemeinde verschenkt. Bis zur heutigen Zeit erfolgten auf Grund privater und öffentlicher Nutzung mehrere Veränderungen im Innenausbau.
In den Jahren um 1954 bis 1992 versorgte die Konsumgenossenschaft im jetzigen Sportvereinsraum die Lüdersdorfer mit lebensnotwendigen Produkten. Zuletzt war Frau Angelika Mahn als Verkaufsstellenleiterin tätig.
Peter und Rotraut Güthling übernahmen im gleichen Jahr diese Räumlichkeiten und es entstand, wie sie ihn bezeichneten, ein „modernisierter Dorfkonsum“, der sich bis zum Stützpunkt der Freiwilligen Feuerwehr erstreckte.
Im Jahre 1996 musste der Bereich Konsum an die Gemeinde zurückgeben werden. An seiner Stelle wurde in Lüdersdorf ein Jugendclub eingerichtet. Familie Güthling führte ihren "Getränke-Center/Lebensmittel-, Zeitung und Imbissladen“ trotz räumlicher Verkleinerung weiter. Von den Lüdersdorfern wurde er auch „Tante Emma - Laden„ genannt. Nach dem frühzeitigem Tod Ihres Mannes 2002 führte Frau Güthling das Geschäft bis zur Schließung im Jahre 2011 alleine weiter.
Den mittleren hinteren Raum des Hauses bezog um 1990 der Bürgermeister.
Vorne links, wenn man durch die Eingangstür kam, stand man in einen kleinen Flur, wo sich links der Gemeinderaum befand. Den nutzte bis zu seiner Auflösung im Jahre 2014 der Lüdersdorfer Gesangsverein für seine Proben und Versammlungen.
Frau Christel Schmidt übte in diesem Haustrakt ab 1972/1973 ihre Tätigkeit als Gemeindeschwester aus.
Nach der Gemeindegebietsreform von 2003 verwaltete die Stadt Trebbin das Objekt. Durch die neue Situation als Ortsteil von Trebbin veränderte sich auch die Nutzung dieses Hauses. Einige Räume standen zeitweilig leer und wurden nach und nach neugestaltet. Die Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr Lüdersdorf unter der Leitung vom Ortswehrführer Guido Nesse begannen 2013, den „Tante Emma - Laden" zu entkernen. So entstand nach zweijähriger Bauzeit ein neues Feuerwehrgerätehaus mit entsprechender Fahrzeughalle.
Langsam wurden immer mehr Vereine in der Lüdersdorfer Dorfstraße sesshaft. Aber auch Vorhandenes hatte keinen Bestand. So kam es im Jahre 2012 zur Schließung des Jugendclubs. Der Heimatverein Lüdersdorf e.V. unter Vorsitz von Uwe Heyer begann im gleichen Jahr dort mit der Renovierung. 2013 wurde auch die Lüdersdorfer Heimatstube feierlich eröffnet. Das war aber nur eine vorübergehende Lösung!
Nach längerer Renovierungsarbeit durch die Stadt Trebbin entstand dann 2018 auf der linken Seite des Hauses eine Heimatstube, die für das gesellschaftliche Leben mehr Möglichkeiten bietet.
Auch dieser Trakt hat eine abwechslungsreiche Geschichte.
Seit den 50er Jahren waren dort die Bäuerliche Handelsgenossenschaft (BHG), die Deutsche Post, eine Bibliothek und zeitweise die Konsumgenossenschaft vertreten. Nach der Wende (1989) existierten auch ein Immobilienmakler und ein Tür- und Fenstergeschäft.
Zuletzt zog im Jahre 2019 nach zweijähriger Bauzeit der Vorsitzende Christian Haak mit seinem „SV Borussia Lüdersdorf 1910 e.V.“ in die Räume des alten Heimatvereins.
Die in der Vergangenheit durchgeführten Baumaßnahmen wurden durch Fördermittel des Landes Brandenburg finanziert.
Zu erwähnen ist noch, dass in den oberen Räumen Mieter wohnhaft sind. Das war die wechselhafte Historie der Lüdersdorfer Dorfstraße 40 - 42. Das Gebäude hält den Rekord im Dorf als das meistbewohnte und -genutzte öffentliche Haus mit seinen insgesamt 20 verschiedenen Nutzern.
Es widerspiegelt so die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse in den letzten Jahrzehnten."
Quelle: "Der Lüdersdorfer", Ausgabe August 2020, Nr.3
Fotos: Archiv Heimatverein Lüdersdorf e.V
Belege zur erhobenen Getränkesteuer aus dem Jahr 1949
2. Das Schützenhaus
Das Schützenhaus um 1920 - Ansichtskarte
1930
1935
1993
Foto aus den 1990-er Jahren Fotograf: unbekannt
1995
2010
2012
2020 © Jörg Roschlau
2022 © Jörg Roschlau
Historische Zahlen und Fakten:
- 1912–1913 Bau des Schützenhauses mit Saal, Schießhalle und Schießstände durch Ewald Henkel
- 1913–1919 6 Jahre war das Bauwerk unbenutzt, wegen nicht erteilter Schankkonzession
- 1940–1945 Nutzung des Saales als Aufenthaltsort von französischen Kriegsgefangenen, danach Unterbringung von Flüchtlingen
- 1948 Wiedereröffnung des Saales im Schützenhaus mit einem Tanzvergnügen
- 1952 Betreiber Ewald Henkel verstorben
- 1958 Rechtsträger des Gebäudes („Kulturhaus“) wird der Rat des Kreises
- 1958–1990 Einrichtung einer Konsumgaststätte
- 1958–1990 Der Bürgermeister und seine Gemeindeverwaltung ziehen in die Dorfstraße 40-42 H11 um
- 1990 Übergabe des Schützenhauses durch den Rat des Kreises an die Kooperative Jungrinderaufzucht Lüdersdorf zur Nutzung
- 1991 Uwe Palm mit seiner Firma Gaststätten GmbH kauft das Gebäude für 450,- TDM zur gastronomischen Nutzung und Vermietung von Wohnungen
-
1992 Der Saal brennt ab, Ursache unbekannt
Pressemeldung in der MAZ zum Brand von Margrit Hahn
- 1995 Umbau von Wohnungseinheiten im oberen Hausbereich
- 2005 Ronny Palm übernimmt den Gebäudekomplex, zur Vermietung von Wohnungen
- 2014 Zwei Privatpersonen ersteigern das Anwesen
- 2020 Bauliche Veränderungen im vorderen Haus durch einen Besitzer, Bau von weiteren Wohnungen im vorderen Hausbereich
Im gleichen Jahr entsteht in einen der Räume eine private Kindertagespflege
Christa Krüger
Geschichten aus dem Schützenhaus
Christa Krüger, Enkelin von Ewald Henkel, und Jörg Roschlau bei der Übergabe historischer Dokumente zum ehemaligen Schützenhaus (2012)
"Im Jahre 1904 heiratete Ewald Henkel (3. v. l.) die Emma Lehmann. Sie bekam 36.000,00 Goldmark Mitgift. Emma sah den auf dem Tisch liegenden Haufen Goldstücke nur einmal im Leben. Früher ging das Vermögen der Braut, wenn keine Sonderverabredung getroffen wurde, in das Eigentum des Ehemannes über.
Ewald zahlte an jedes seiner Geschwister 3.000,00 Goldmark aus.
Soviel ich weiß, war er ein für alles Neue aufgeschlossener Bauer und ein begeisterter Reiter, der häufig Rennen gewann. Unsere Oma Emma Henkel erzählte uns stolz, dass er sogar einmal einen „Großen Preis“ in Dahlewitz-Hoppegarten bekam.
Vor dem ersten Weltkrieg haben Ewald Henkel und einige seiner Schützenbrüder beschlossen, ein eigenes Schützenhaus zu bauen. Die Unkosten sollten anteilig umgelegt werden und Ewald sollte das Grundstück zur Verfügung stellen.
Gesagt, getan 1913 stand das Schützenhaus (Anmerkung der Redaktion: Laut Chronik bereits 1911). Es hat 8.300,00 Goldmark gekostet.
Es war ein prächtiges Schützenhaus für damalige Verhältnisse. Im Kreis Teltow hatte es angeblich den größten Saal mit einer wunderschönen Kuppel.
Leider musste man sich im Winter warm tanzen. Der Saal war nicht warm zu kriegen, obgleich Ewalds Schwiegersohn Artur Klär aus Sperenberg als Kohlenhändler sein Bestes tat.
1914 brach bekanntlich der 1. Weltkrieg aus.
Schützenfest, Pfingstreiten, Fastnacht und andere Festlichkeiten, mit deren Einkünften die Schützenhaus-Planer fest gerechnet hatten, rückten in weite Ferne und die Freunde mochten kein Geld mehr in das Projekt stecken. Es existierte wohl keine schriftliche Zahlungsverpflichtung für die Beteiligten.
Ewald Henkel saß mit seiner Familie auf einem Schuldenberg. Nun war guter Rat teuer. Es musste aber irgendwie weitergehen. Also machte sich die getreue Ehefrau Emma (geb. Lehmann) zu ihrer Mutter Regine Lehmann, geb. Spieth, auf, die zwar murrte, aber natürlich aus der Klemme half.
Bruder Emil, der in Berlin anfing Kuhställe aufzubauen und immer mindestens ein Milchgeschäft betrieb, unterstütze seinen Bruder, kaufte Futter und Kartoffeln und ab und zu fuhr eine Kuh unter den Rüben mit nach Berlin. Dabei halfen Hönickes Fritz und Artur Klär. Schwester Paula hatte in Berlin eine Kartoffel-Großhandlung. Sie bezog von ihrem Bruder Kartoffeln. Mit Hilfe der Familie wurde die Pleite also umschifft, die Inflation auch überstanden und das Leben ging weiter.
Um 1920/30
Auf der Wiese (v.r.n.l.) Ewald, Tochter Lucie, Emma und Charlotte Henkel im Hintergrund die Lüdersdorfer Mühle um 1930.
Um 1920/30
Ewald Henkel, das Dienstmädchen, Tochter Lucie, Charlotte und Emma Henkel (v.l.n.r.) um 1930
Der Saal um 1920/30
Die Tanzgenehmigung von 1948
Gerne trafen sich die drei Brüder Ewald, Emil und Albert zu einem Ulanentreffen und einem Umtrunk. Jedes Geschichtchen oder eine Anekdote wurde nach Beendigung mit lauten Ulan-Ulan-Rufen gefeiert. Andächtiges Publikum waren manchmal die Enkel von Onkel Emil und von unserem Opa. Angefeuert von unseren stolzen Ulanen sangen wir dann in Ermangelung eines Ulanen-Chores das Lied „Ich bin ein Preuße, kennt ihr meine Farben…“ Ich war etwa 4 Jahre alt und für ein Glas Malzbier käuflich.
Zu vorgeschrittener Stunde, die Kinder schliefen schon, kam Oma in die Gaststube und räumte die Aschenbecher weg. Sie musste ja morgens früh raus. Nach einiger Zeit, so wird berichtet, flog plötzlich klatschend ein Pantoffel gegen die Tür. Ob dieses Mittel probat war, ist nicht überliefert.
Opa hatte in Lüdersdorf das erste Auto. Fahrschule und Führerschein waren noch nicht erfunden. Mit dem Auto konnte er aber auch nicht fahren. Es half nur üben, üben und nochmals üben. Also öffnete er vom Saal die Flügeltüren weit und fuhr stolz mit seinem Auto hinein, übte geradeaus, rückwärts und Kurven fahren (krängen), genauso wie er vor Jahren mit uns geübt hatte. Der einzigste Unterschied waren die benutzten Fahrzeuge. Uns hatte er aus leeren Zigarettenkisten und einer Strippe die Autos gebaut, mit denen wir durch den Saal karriolten.
Der Neffe „Schulzen Alfred“ genoss das Privileg, mit dem Auto fahren zu dürfen.
Oma und ihre Schwester „Schulzen Tante“ waren des Öfteren abends bei der Frau von der Knesebek eingeladen und wurden von Alfred dorthin kutschiert, natürlich nachdem sie sich genügend aufgebretzelt hatten. Opa warnte seinen Neffen vorher vor Unfällen und los ging’s! Bis die kostbare Fuhre in irgendeinen Graben landete und all die Pracht etwas gelitten hatte und nicht mehr besuchstauglich war.
Für uns Kinder war unser Opa der allerbeste auf der Welt.
Vor Ostern pilgerte er des Öfteren mit uns in „die Fichten“, den Osterhasen zu belauschen. Das war richtig aufregend. Opa sah dauernd den Osterhasen mit Kiepe und bunten Eiern, bis er uns überzeugt hatte und wir selig zu Hause von diesem Wunder berichteten. Zum Eier suchen ging es wieder in die Fichten.
Onkel Emil hatte zwei Neffen, die auch suchen wollten. Gemeinsam schleppten wir unsere Beute zu den Opas und rannten immer wieder los, allerdings ohne zu bemerken, dass die Schlitzohren immer wieder die gleichen Eier versteckten. Unsere armen Kinder wurden später zur Freude der Familie und der Nachbarn ebenfalls so „belogen“.
Später, wir wohnten schon in Sperenberg, hatten keinen Garten, da kam Opa zur Obsterntezeit regelmäßig mit dem Pferdewagen und brachte „Kiepen“ mit „Kespern Äpfel“ und Pflaumen. Er pflanzte für jedes Kind seinen Lieblingsbaum. Ich bekam einen „Hasenkopf.“.
Ach, ja, lang ist es her, die Geschichten werden uns „Alten“ in Erinnerung bleiben; aber leider ist die Zeit im Krieg (im Schützenhaus waren zeitweilig französische Kriegsgefangene untergebracht) und nach dem Zusammenbruch nicht sehr heiter gewesen.
Opa ging jeden Tag mit dem Hund in „die Fichten“, um zu kontrollieren, wie es um die vergrabenen Schätze stand.
Ist alles gerettet worden!
Wir, Mutti, der andere Opa, wir drei Kinder und unser treuer Franz, ein so genannter „ Ostarbeiter“, traten die lange Flucht nach Schleswig-Holstein an, wo uns unser aus russischer Kriegsgefangschaft heimgekehrter Vater im November aus der englischen Zone holte und nach Hause fuhr mit den weitgereisten Pferden. Unsere Großeltern in Lüdersdorf freuten sich sehr, als sie uns wohlbehalten in die Arme schlossen.
Langsam normalisierte sich das Leben. Der Opa in Lüdersdorf wurde immer weniger belastbar, unser Vater musste immer mehr Arbeit im Schützenhaus und auf den Feldern übernehmen, obgleich er mit seinem Geschäft und der Landwirtschaft genug Arbeit und Sorgen hatte. Meine Schwester und ich unterstützten ihn so gut es ging in Lüdersdorf und in Sperenberg.
Pfingstreiten, Fastnacht und manche kleineren Tanzvergnügen wurden wieder gefeiert und brachten bescheidene Gewinne, die gerade für die Steuern und kleineren Ausgaben reichten.
Letztendlich übernahm der Staat (Rat des Kreises) das Schützenhaus mit einigen Hektar Land rund ums Haus."
3. Das Kolonistenhaus
Jörg Roschlau
Geschichte eines Kolonistenhauses
Der Lüdersdorfer Heimatverein hat historische Unterlagen der Familie Hinze, Dorfstraße Nr. 34 heute Nr. 14, erhalten.
Nach der Umschrift von Frau Gertrud Roschlau von der Sütterlinschrift in die heute lateinische Schrift konnten wir den Inhalt besser erfassen.
Es ist das älteste bekannte Dokument einer Häuserchronik in Lüdersdorf. Es stammt aus dem Jahre 1853 und es handelt sich um eine beglaubigte Abschrift des Testamentes vom Kolonisten Gottfried Hinze. Das Original, von der Königlichen Kreisgerichtskommission zu Trebbin abgefasst, war beim Königlichen Kreisgericht zu Berlin deponiert. Gottfried Hinze verstarb 1852 nach der Testamentsverhandlung.
Einem Vermerk konnte entnommen werden, dass das Büdnergut im Jahre 1828 für 300 Taler erworben wurde.
Im Testament ist die Höhe des Erbteils der Ehefrau und der drei Kinder genau festgelegt. Aus der Ehe des Testanten mit Dorothea Hinze, geborene Ribbecke waren die Kinder Johann Gottfried, Christian Wilhelm und Anna Sabine hervorgegangen. Haupterbe wurde Johann Gottfried, von Beruf Schneider. Er erbte das „Kolonisten Haus“, die Gebäude mit Inventar und Ländereien, das er für 400 Taler anzunehmen hatte.
Die Verpflichtungen waren umfangreich.
So mussten der Mutter und jedem der Geschwister 100 Taler als Erbteil ausgezahlt werden. Zusätzlich lebenslängliches Wohnrecht für die Mutter und materielle Abgaben für sie in Höhe von jährlich 15 Silbergroschen.
Um allen Anforderungen aus dem Testament des Vaters erfüllen zu können, verpfändete er im Jahre 1853 das Büdnergut. Einem Auszug aus dem Hypothekenbuch der Königlichen Kreisgerichtskommission ist zu entnehmen, dass dem Schneidemeister Johann Göttfried Hinze erst 1869 die Schuld von 400 Reichstaler gelöscht wurde.
Dieses historische Dokument wurde von der Familie Nikolaus dem Heimatverein übergeben.
Der Situationsplan
Das Testament von 1853 im Original
Quelle: Der Lüdersdorfer 18. Jahrgang, Juni 2021, Nr. 2
4. Jagdhaus Buschkamp
Lüdersdorfer Dorfstraße 8 (ehemals Haus Nr. 40a)
Jagdhaus Buschkamp, Lüdersdorf bei Berlin (1920 abgebrannt)
Jagdschloß Buschkamp in Lüdersdorf bei Berlin (Neubau)
Mädchenpensionat Schloß Eichenhof bei Trebbin
Árpád Baron v. Nahodyl Neményi, Werbig
„Erinnerungen aus meiner Familie über Lüdersdorf“
Lange bevor mein Großvater Friedrich Ernst Buschkamp (Bielefeld 13.12.1887 – Berlin 23.01.1964) meine Großmutter kennengelernt hatte, hatte er in Berlin (Ludwigkirchstraße) eine Firma besessen, die Ausrüstungsmaterial (Schuhe usw.) für die Armee hergestellt bzw. vertrieben hatte.
In Lüdersdorf besaß er das „Jagdhaus Buschkamp“, ein Holzhaus, in dem er sich ab und zu aufhielt. Soviel ich weiß, hat er selbst nicht oder nur höchst selten gejagt; für ihn war die Jagd eher eine Möglichkeit mit Geschäftsleuten zusammenzukommen, um neue Geschäftsverbindungen zu knüpfen. In dem Jagdhaus Buschkamp gab es keinen Strom, sondern nur Petroleumlampen. Obwohl mein Großvater die finanziellen Mittel hatte, ließ er das Haus nie elektrifizieren, sondern stellte eine Angestellte ein, die die Lampen zu warten hatte. Im Jahr 1920 oder kurz davor brannte das hölzerne Jagdhaus Buschkamp ab.
Mein Großvater ließ nun ein steinernes, etwas größeres Gebäude an gleicher Stelle errichten, das noch heute – mit stark verändertem Aussehen – steht.
Ob es auch Strom hatte, weiß ich nicht, vermutlich schon.
Obwohl dieses Haus nicht größer ist als ein normales Einfamilienhaus, wurde es doch bald „Jagdschloss Buschkamp“ genannt.
Es hatte wie der hölzerne Vorläuferbau einen Erker, dieser hatte schöne bunte Glasscheiben.
Im Garten gab und gibt es ein Gartenhaus aus Holz, welches noch unverändert erhalten ist.
In dem „Jagdschloss Buschkamp“ fanden nun rauschende Feste und Partys statt, von denen auch meine Großmutter hörte.
Meine Großmutter war Thekla Margarete Roskwitalski (Thorn 12.07.1903 – Berlin 30.12.1980), geboren in Thorn, Westpreußen, aufgewachsen in Thorn und Danzig, nachdem Westpreußen an Polen gekommen war. Sie hatte im Fernmeldeamt in Thorn gearbeitet (heute würden wir sagen: gejobbt), das nun einen polnischen Chef bekam. Als sie sich einmal ärgerte und zu diesem neuen Chef „Pollake“ gesagt hatte, wurde sie entlassen.
Ihre Mutter, Leokadia Roskwitalski geb. Redzinski (Thorn 29.11.1869 – Petersdorf 29.05.1945) war eine strenge Frau und stammte aus einer polnischen Adelsfamilie. Sie hatte in Berlin-Wilmersdorf in der Schaperstraße eine große Wohnung gekauft, von der Sie wegen des schönen Stucks und der reichlichen Ausstattung sehr begeistert war.
Dann erfuhr sie, dass diese Wohnung zuvor ein Edelbordell gewesen ist und sofort verkaufte sie die Wohnung wieder.
Leokadia und Johann Roskwitalski (Bobau 24.02.1861 – Thorn 11.06.1917) hatten drei Töchter, Irma, Thekla und Beate.
Beate war die schönste, war aber sehr fromm und z. Bsp. zeitweilig als Novizin im Kloster Alexanderdorf.
Sie wurde Krankenschwester und blieb unverheiratet. Irma, die älteste, heiratete einen Herren aus polnischem Adel, Johannes Borowski (Danzig 12.10.1894 – Berlin 23.11.1962); sie hatten zwei Söhne und lebten nach dem Krieg in Berlin (West).
Thekla-Margarete, meine Großmutter, wurde immer nur Thea genannt. Sie kam in das Mädchenpensionat Schloß Eichenhof bei Trebbin.
Dort lernte Sie einige interessante Mädchen aus guten Familien kennen, mit denen Sie dann auch befreundet war.
Ich habe noch Fotos einiger der Freundinnen, die Sie vermutlich in Schloss Eichenhof kennengelernt hatte, so Freifrau Stella von Lingerke, Malli Diening, Erika Pritschow, Liane Seydel, Lotte Medow, Anneliese Vinthrath, Else Elatar, die Schauspielerin Adi Fischer-Schubert, Martha Boettcher geb. Freiin v. Buddenbrock. Von einer „Linde“ und „Lita“ sind mir die Nachnamen nicht bekannt.
Um Thea nun auch gut zu verheiraten, gaben ihre Schwestern eine Heiratsanzeige auf.
Da meldeten sich einige Herren, die von der Mutter Leokadia streng inspiziert wurden.
Einen fragte sie: „Was sind Sie, was machen Sie beruflich“?
Und er antwortete sinngemäß: „Mein Vater hat eine Firma XY, die werde ich erben ...“ da hatte Sie ihn schon unterbrochen: „Mein Vater“ interessiert nicht! Was machen Sie?“ Und damit war der junge Mann abgelehnt.
Dann hatte auch Friedrich Ernst Buschkamp geantwortet.
Der schrieb schon auf seinem Briefkopf „Bergwerksbesitzer“ (das Bergwerk, die Gruben und die Ziegelei in Petersdorf Krs. Fürstenwalde) und das imponierte der Mutter.
Thea hatte den Namen auch schon in Lüdersdorf gehört und verband ihn mit rauschenden Festen im Jagdschloss Lüdersdorf.
So wurde man sich dann auch einig und es wurde 1932 geheiratet.
Thea und Friedrich (Fritz) lebten nun zusammen im Jagdschloss Buschkamp.
1933 wurde meine Mutter geboren, 1935 meine Tante Hella und mein Onkel Manfred.
Sie lebten in Lüdersdorf, hatten Personal, einen Hund „Ajax“ und viele Tiere, z. Bsp. Hühner.
Da sich aber die Ziegelei und die Kiesgruben (der Stollenbetrieb war inzwischen beendet) meines Großvaters in Petersdorf befanden, musste mein Großvater sich dort oft aufhalten, und da war es dann sinnvoll, den Wohnsitz in Lüdersdorf aufzugeben und mit der Familie ganz nach Petersdorf umzusiedeln.
Die Großmutter Leokadia hatte in Bad Saarow, in der „Villa Klar“ gewohnt und Lüdersdorf zuweilen besucht.
Wegen ihrer Strenge nannte mein Großvater seine Schwiegermutter einmal scherzhaft eine „alte Hexe“.
Jedenfalls wohnten dann alle in Petersdorf, und das Jagdschloss Buschkamp in Lüdersdorf wurde 1940 verkauft.
Meine Mutter hatte mir erzählt, dass das Haus selbst nicht mehr steht, nur das Gartenhäuschen gäbe es noch.
Sie hatte in den 90er Jahren Lüdersdorf besucht.
Umso größer war mein Erstaunen, als wir im Jahre 2014 Lüdersdorf besuchten (mein erster Besuch dort) und sahen, dass das Haus noch steht, wenn auch durch die Fassadengestaltung in einem anderen Gewande.
Auch das Gartenhäuschen steht noch, und zwar völlig unverändert.
Leider aber ist vom Schloss Eichenhof nur noch die Grundfläche vorhanden. Für mich war es ein interessanter Besuch in die Vergangenheit meiner Familie meiner Mutter; Lüdersdorf ist ein schönes Dorf und immer einen Besuch wert.
Quellen: Dorfzeitung Der Lüdersdorfer 15. Jahrgang Mai 2018 Nr. 2, Heimatjahrbuch Teltow-Fläming 2021 Teil 1 S. 121
2019
2019
5. Lüdersdorfer Kindergärten
Dorfstraße 28 H 68c
1961 entstand in Lüdersdorf aufgrund der steigenden Zahlen von Kindern ein größerer Kindergarten mit einer Kapazität von 30 Kindern.
Diese Einrichtung wurde in der ehemaligen Schießhalle des Schützenhauses eingerichtet und in den Folgejahren weiter modernisiert und erweitert. Der Neuwert des Gesamtgebäudes, auf das Jahr 1961 bezogen betrug 23.950 Mark.
Im Jahr 1980 wurde auf Wunsch des Rates der Gemeinde Lüdersdorf eine Wertermittlung mit Außenanlage erstellt.
Da war der Sachwert ohne Grund und Boden 14.300 Mark.
Zur Nutzung und Betreuung gab es zwei Gruppenräume, eine Teeküche, einen Waschraum mit WC, Flur und Windfang und einen Keller als Lagerraum. Die Räume wurden mit einer Ofenheizung versorgt. Einen Heizer oder Hausmeister gab es nicht! Für die Leiterin und eine Erzieherin hieß es ab 5.30 Uhr, die Öfen zum Heizen zu bringen. Danach ging der Dienst um 6.00 Uhr los und endete um 18.00 Uhr.
Ende der 1970er Jahre erfolgte dann der Einbau von Nachtspeicheröfen.
Die Kinder wurden in einer jüngeren, mittleren/älteren Gruppe bis zur Wende von zwei Fachkräften (Leiterin Bärbel Leder, Margot Hönicke) und einer Erziehungshelferin (Viola Nagy) betreut.
Danach gab es drei Erzieherinnen. Zum Team zählte Anfang der 1990-er Jahre Elke Königsmann.
Sabine Lehmann übernahm den „Staffelstab“ von Frau Leder Mitte der 70-er Jahre.
In erster Linie wurden Lüdersdorfer Kinder zur Betreuung aufgenommen. Es gab auch Zeiten, in denen Kinder aus Wiesenhagen auf Grund des dort noch nicht fertiggestellten Kindergartens dazu kamen.
Das Mittagessen für die Kinder wurde in den ersten Jahren in einer eigenen Küche im Haus gekocht. In diesem Bereich arbeiteten fleißige Hände wie Inge Radtke, Helga Lehmann und Marlies Janisch.
Ab 1978 übernahm die Kinderspeisung die LPG Pflanzenproduktion Trebbin bis kurz nach der Wende.
Eine Mahlzeit kostete 1,35 Mark plus Naturaleinsatz 0,92 Mark.
Das Catering-Unternehmen Apetito lieferte bis zur endgültigen Schließung des Kindergartens die notwendigen Essen.
Die Sprösslinge hatten in den ganzen Jahren ihres Aufenthaltes eine geborgene und pädagogische Betreuung.
Es gab Patenschaften mit dem Landtechnischen Anlagenbau Potsdam (Betriebsteil: Lüdersdorf/Eichenhof) und der Freiwilligen Feuerwehr Lüdersdorf. Diese halfen bei Arbeitseinsätzen vor Ort und mit finanziellen Mitteln.
Die Kinder führten Programme bei festlichen Anlässen und Staatsfeiertagne auf.
Ein Höhepunkt war es im Dorf, wenn die Kindergartenkinder Lieder sangen, z.B. bei runden Geburtstagen.
Mit dem Untergang der DDR 1989 verschwand auch das historische Erbe aus dieser Zeit.
Nach der Schließung der Einrichtung 1995 kaufte eine Lüdersdorfer Familie das Grundstück und Haus.
Das Gebäude wurde 1999 abgerissen.
Die Baugenehmigung aus dem Jahr 1958